Montag, 6. Februar 2012

Wie die Steinziegen/böcke wieder Fische werden


Die Zeit vergeht, ein halbes Jahr, die Sonne folgt uns im Gelände, sie steht steil drüber und heizt das Gestein auf. Die Felsen glühen, verdorrt sind Gras und Kraut, Quellen versiegt. Durst! Unten blinkt der Fluss, ein silbern mäanderndes Band. Er liegt zahm in seinen Grenzen, den Ufern. Wir sehen Schiffe, Boote, Flöße und Menschen am Ufer. Frauen holen Wasser oder waschen, Kinder plantschen und schwimmen. Ja, wir wollen auch schwimmen, uns aalen, wenden, schwänzeln, vom Wasser umflossen sein. Unsere Zicklein sind groß geworden, sie schnuppern mit den Nüstern, sie riechen das Wasser. Ja, wir steigen wieder runter. Die Hufe klacken, die Gelenke federn die Sprünge ab,  die Muskeln sind voller Kraft. Es ist eine Lust, mal bedächtig den Tritt suchend, mal blitzschnell von Stein zu Stein hüpfend. Fast schieben sie sich von selbst unter die Hufe.

Und da, da ist es: das Wasser: nass, kühl, lockend . Wir schnuppern, trinken und schmecken es. Wir gehen hinein, spüren es an den Hufen, Gelenken und Knien, tauchen bis zum Bauch ein,  stoßen uns ab und werden gekühlt, umspült, am Rücken, am Hals. Das Fell löst sich, es flutet davon. Wie eckig sind jetzt unsere Leiber, wie schwer unsere Hörner und Hufe. Wir wünschen uns glatt und wendig, ziehen die Beine ein, kriegen Flossen, steuern, fächeln, dehnen den langen, schlanken Leib. Stecken den schmal gewordenen Kopf unter Wasser und tauchen unter. Wir brauchen keine Ziegennasen mehr, keine Ohren und Hörner, wir atmen mit Kiemen, die Augen sehen silberhell nach allen Seiten. Schuppen wachsen, ein leichter Panzer aus Chitin. He, wie wir flitzen, wie wir blitzen im Schwarm. Wir werden eins. Ah, es ist so gut, ein Fisch zu sein!

Die Lesung ist gelungen, gestern, am 5.2.12 in der Keramik-Sammlung der Landhuter Residenz. Wir waren zu viert, vom Schriftstellerverband Ostbayern, zu dem ich seit etwa einem Jahr gehöre. Es ist schon nicht schlecht, wenn man eine Gruppe gefunden hat, wo eine hingehört. :-)

Gernot Häublein, ich, Marita A. Panzer, unsere vorsitzende und Rolf Stemmle, yeah!
Anschließend waren wir noch im Freischütz, einer guten bairischen Wirtschaft und haben gegessen und geredet und uns gefreut, weil es so eine gelungene Veranstaltung war.

Euch allen eine gute neue Woche!

2 Kommentare:

  1. Hallo!
    Das hört sich doch gut an, mit der Lesung.
    Als ich das Bild gesehen habe, habe ich gedacht, ich kippe aus den Latschen! Der Gernot Häublein ist ein sehr guter Jugendfreund meines Vaters.
    Meine Güte, die Welt ist ein Dorf (und das finde ich richtig gut!)

    Dir auch eine schöne Woche und alles Liebe,
    Shushan

    P.S.: Was mir zu Deiner Steinbock-Fische-Geschichte noch eingefallen ist (die gefällt mir natürlich mal wieder sehr gut): eigentlich bräuchte man nur noch den Wassermann quasi als "Zwischenform" bei der Metamorphose Steinbock-Fisch einbauen, schon hätte man den Tierkreis-Ablauf auch mit "im Sack" - aber dann passt's wieder nicht so zu der Vorgeschichte... Hach. Naja. Man kann eben nicht alles haben.

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  2. Liebe Ingrid, das freut mich das es eine gelungene Lesung war - sag Bescheid wenn wieder was ist - dann geh ich hin. Die Geschichte mit dem Fisch gefällt mir natürlich auch. lg Hermine

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